Einleitung:
Alter Wein in neuen Schläuchen
Seit knapp über 100 Jahren gibt es in Deutschland gezielt Gesetze, die Abschiebung und zu gleich auch Abschiebehaft regeln. Die begleiteten politischen und gesellschaftlichen Debatten haben sich seit dem kaum verändert.
Dabei gibt es Abschiebungen seit der Erfindung von Nationalstaaten und Nationalterritorien. Durch Staatszuhörigekeiten, gab es auch auch plötzlich Ausländer. Lange wurden Abschiebungen sehr wenig umgesetzt und wenn vereinzelt aus Gefängnissen, waren doch zumeist Arme und/oder zu einer Haft verurteilte Personen davon betroffen – sehr häufig traf beides zugleich zu.
Mit einem Blick zurück bis in die frühe Zeit der Weimarer Republik können wir, auf die wenigen Phasen der Beruhigung, sehen, wie sich ein anbahender politischer Rechtsruck in die Gesetzesverschärfungen gegenüber Migrant*innen und Geflüchteten manifestiert – und bei den Nationalsozialisten sogar bis zur Massenvernichtung führt.
Fast 80 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs blicken wir wieder mit Schrecken auf die Ergebnisse der Europawahlen und den Kommunalwahlen in einigen Bundesländern im Juni 2024. Der massive Zugewinn rechter und rechtsextremer Parteien in gesamt Europa, mahnen wie wichtig es ist, die Geschichte zu kennen und Kontinuitäten aufzudecken. Auch die gesellschaftliche Debatte und die immer weitereichenden Gesetzesverschärufungen rund um Asyl in Deutschland und Europa in den letzten zehn Jahren können wir schon als Vorboten eines immer feindlicheren Klimas verstehen. So war auch der SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz im November 2023 nicht verlegen, mehr und konsequentere Abschiebungen anzukündigen.
In diesem Teil der Ausstellung findet sich eine Timeline, die den Fokus auf wichtige Veränderungen bezüglich der Abschiebehaft legt und flankiert wird von zentralen politischen Debatten und gesellschaftlichen Stimmungen. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit – 100 Jahre sind eine lange Zeit. Tafeln, die mit einer Sprechblase umrandet sind erläutern grundlegende Begriffe oder Konzepte, und sind als FAQ (frequently asked questions) zu verstehen.
Start der Timeline:
1919
- In der Weimarer Republik wird zum ersten Mal Abschiebung als Abschreckungsmaßnahme eingesetzt und führte zu einer wesentlich höheren Zahl an Abschiebungen. Bayern erlässt ein erstes Gesetz, das Abschiebehaft ermöglicht. Ziel ist vor allem die Inhaftierung und Abschiebung der sogenannten Ostjuden.
- ggf. FAQ: „Die Ostjuden-Frage“: Bereits Ende des 19. Jahrhunderts malten führende Antisemiten wie Heiner Tratschke Schreckensbilder über jüdische Einwander*innen aus Polen. Bereits 1885 wurden 15.000 jüdische und 1886 20.000 polnische Einwander*innen ausgewiesen. Nach dem 1. Weltkrieg und der angespannten ökonomischen Situation wurde – aufbauend auf diese Schreckensbilder – die Sündenböcke schnell ausgemacht, die Einwander*innen wären u.a. Schuld an der hohen Arbeitslosigkeit. Dabei zählte in den Nachkriegsjahren Deutschland rund 160.000 polnisch-jüdische Einwander*innen – und rund 60 Millionen „Deutsche“. Die von Antisemitismus und antislawischen Rassismus getragene Panikmache wurde von einem Mehrheit geteilt und gipfelte mit den Sammellagern in Bayern und Preußen zu den ersten „Konzentrationslagern“ 1920 auf deutschem Boden, lange bevor die Nationalsozialisten an die Macht kamen.
→ FAQ 2: Was ist Abschiebehaft?
1920
- Im April wird das Sammellager in Ingolstadt eröffnet und ebnet damit auch den Weg für Masseninternierung in gesamt Deutschland. Im Juni erlässt der preußische Innenminister einen Erlass, der die Internierung – vor allem von „Ostjuden“ – ermöglicht.
1921
- Eröffnung des Sammellagers Cottbus-Sielow. Ebenfalls eröffnet werden Stargard in Pommern und Eydkühnen in Ostpreußen.
1923
- Große Abschiebeaktion von Ostjüd*innen im gesamten deutschen Gebiet.
1923-24
- Schließung der Sammellager aufgrund der hohen Inflation. Bis zum Ende der Weimarer Republik wird aus Gefängnissen abgeschoben.
1932
- Die „Preußische Ausländerpolizeiverordnung“ wird erlassen. Damit werden zum ersten Mal über das ganze deutsche Gebiet eine einheitliche Regelung eingeführt.
1938
- Verschärfung der „Ausländerpolizeiverordnung“ unter den Nationalsozialisten, u.a. mit dem Zusatz „Zur Sicherung der Abschiebung kann der Ausländer in Abschiebehaft genommen werden“. Das Gesetz war ein Teil der Maßnahmen zur systematischen Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Dieses Gesetz ermöglichte es den Behörden, jüdische Ausländer leichter auszuweisen und die Aufenthaltsrechte von nicht-deutschen Juden stark zu beschränken. Es diente als juristisches Instrument zur Vorbereitung von Massenabschiebungen und anderen repressiven Maßnahmen gegen Juden, das in der sogannten Polenaktion Ende Oktober und wenige Tage später zur Reichsprogromnacht am 9. November.
→ FAQ 3: Seit wann gibt es Abschiebehaft?
1951
- In der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland wird die „Ausländerpolizeiverordnung“ von 1938 unverändert übernommen.
1965
- Das „Ausländergesetz“ löst das „Ausländerpolizeigesetz“ ab, basiert aber inf Teilen auf dem „Ausländerpolizeigesetz“. Es sieht jedoch zum ersten Mal eine Begrenzung der Haftdauer im Abschiebehaft auf max. 1 Jahr vor.
ab 1980
- (c) Eva Kröcher, Free Art Licence
- Das Polizeigefängnis Klapperfeld wird als Abschiebeknast genutzt. Der Bau in Mitten der Frankfurter Innenstadt diente seit seiner Fertigstellung im Jahre 1886 in allen Phasen seiner Nutzung bis zu seiner Schließung nach über 115 Jahren der Repression und Unterdrückung von Menschen.
→ FAQ 4: Wo findet Abschiebehaft statt?
1980-1990
Beim Bundestagswahlkampf 1980 wurde Flucht und Asyl zum ersten Mal ein entscheidendes Wahlkampfthema und führte zur sogenannten „Asyldebatte“. Bereits Ende der 1970ern stieg die Zahl von Menschen, die Asyl in Deutschland flogen. Auch die 1980er Jahren war geprägt von einer zunehmenden Zahl von Asylanträgen, was zu politischen und gesellschaftlichen Spannungen führte. Die Einführung des Asylverfahrensgesetzes 1982 und die nachfolgenden Verschärfungen der Asylpolitik spiegelten den Versuch wider, die Herausforderungen der Zuwanderung zu bewältigen. Die öffentliche und mediale Diskussion trug zur Polarisierung der Meinungen bei und nährte ein rassistisches Klima im Deutschland, während internationale Abkommen wie das Schengener Abkommen erste Schritte zur europäischen Zusammenarbeit in der Asylpolitik markierten. Die Asyldebatte bereitete das Fundament der Asylpolitik der 1990er.
1982
- Das Asylverfahrensgesetz (heute Asylgesetz) tritt in Kraft. ..
→ FAQ 5: Wie lange befinden sich Personen durchschnittlich in Abschiebehaft?
1990
- Verschäfungen des „Ausländergesetz“: ab dann ist möglich, dass Personen auch nur bei „begründete Verdacht“, sich der Abschiebung zu entziehen, bis zu 18 Monate in Abschiebehaft genommen werden können.
1990-1993
Wahlwerbeplakat der CDU 1991 / Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP) CC BY-SA 3.0 de
- Rassistische Hetze und Klima der Angst: Die rassistischen Ausschreitungen in Hoyerswerda (1991), Rostock-Lichtenhagen (1992) und der Brandanschlag in Solingen (1993) Anfang der 1990er Jahre sind erschütternde Beispiele für eine erschütternde Serie rechter und rassistischer Gewalt im frisch wiedervereinigten Deutschland. Diese Vorfälle machten deutlich, wie tief rechtes und rechtsradikales Gedankenguts in breiten Bevölkerungsschichten verankert und Migrant*innen sowie Geflüchte offen abgelehnt wurden. Die eskalierende Gewalt und die teils überforderte oder zögerliche Reaktion der Sicherheitskräfte führten zu einem Klima der Angst unter den betroffenen Communitys und lösten national und international große Bestürzung aus. Als Resultat des gesellschaftlichen Klimas schaffte die Bundesregierung de facto im sogenannten Asylkompromiss das Grundrecht auf Asyl ab.
1992
- Fanden in den 1980er ca. 10.000 Abschiebungen im Jahr statt, stiegen unter dem gesellschaftlichen Druck die Abschiebungen 1992 schon auf knapp 20.000. Auch bei der Abschiebehaft, die bis dao kaum Anwendung fand, wurden 1992 etwa 700 der abgeschobenen Personen in Abschiebehaft genommen. Auch kommt es zum Bau des ersten bundesdeutschen Abschiebeknasts (s. Deutschlandkarte).
1993
„Asylkompromiss“: Grundgesetzänderung und de facto Abschaffung des Rechts auf Asyl sowie Verschäftung des Asylrechts (damals: Asylverfahrensgesetz):
- Einführung sichere Drittstaaten und sichere Herkunftsländer, wodurch mehr Menschen auf einen Schlag ausreisepflichtig werden
- Einführung der Flughafenverfahren, d.h. Menschen ohne Visum, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen, noch bevor sie deutschen Boden betreten, wieder abgechoben werden.
- Für Asylsuchende gilt nicht mehr das Sozialgesetzbuch, sondern alle Leistungen werden über das Asysbewerberleistungsgesetz geregelt, was weniger Leistungen für Asylsuchende bedeutete und u.a. die dezentrale Unterbringung erschwerte.
- Weitere Erleichterung für Abschiebehaft.
Mit den Verschärfungen verdoppelten sich die Abschiebungen ad hoc auf 53.000 und mit 2600 Abschiebehäftlingen erreichte die Abschiebehaft einen traurigen Höhepunkt.
- in Hessen: JVA Preungesheim schließt
1995
- in Hessen: Nutzung der alten JVA Offenbach für Abschiebehaft
1997
- Dublin I wird verabschiedet: auf deutschem Bestreben werden auch auf EU-Ebene sogenannte sichere Drittstaaten und sichere Herkunftsstaaten eingeführt. Damit regelt „Dublin“ nun auch EU-weit und formal, dass innerhalb der EU nur einmal ein Asylverfahren gestellt werden darf und Deutschland somit an EU-Grenzstaaten wie bspw. Italien oder Griechenland abschieben kann, wenn die Geflüchteten dort ein erstes Mal erfasst wurden.
- In Deutschland wird mit der Einführung der Dublin-Verordnung das Asylgesetz weiter verschäft: Freilassung aus der Abschiebehaft nach Stellung eines Asylantrags ist nicht mehr möglich.
2002
- in Hessen: Das Klapperfeld schließt endgültig. Abschiebehaft in Hessen findet nun hauptsächlich in der JVA Offenbach statt.
- Die Dauerausstellung „Raus von hier – Inschriften von Gefangenen in Abschiebehaft und Polizeigewahrsam im Klapperfeld 1955–2002″ zeigt die Zellen wie sie bei der Aufgabe des Gebäudes als Polizei- und Abschiebegefängnis hinterlassen wurden
2005
- Das „Zuwanderungsgesetz“ oder auch Aufenthaltsgesetz (AufenthG) wird eingeführt: Es führ zum ersten Mal die „Duldung“ als neuen Rechtstatus ein. Ausreisepflichtige Personen, deren Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, erhalten einen formalen Duldungsstatus, der ihren Aufenthalt in Deutschland vorübergehend legalisiert, aber keine Aufenthaltserlaubnis darstellte.
- Mit §62 wird zudem die Abschiebehaft konkreter geregelt: Abschiebehaft kann nun u.a. bei Fluchtgefahr, Verstoß gegen eine räumliche Beschränkung oder fehlender Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung sowie bei Terrorismusverdacht angeordnet werden.
2010
- EU-Rückführungsrichtlinie wird gültig: Sie sieht vor, dass Nichtregierungsorganisationen einen gesicherten Zugang zu Abschiebegefängnissen bekommen müssen. Zudem dürfen Abschiebehäftlinge nicht mehr gemeinsam mit Strafgefangen inhaftiert werden. Deutschland wird bis 2014 regelmäßig dagegen verstoßen; alleine in Nordrhein-Westfahren werden über 5000 Personen rechtswidrig im regulären Strafvollzug inhaftiert.
2011
- in Hessen: neue JVA U-Haft Preungesheim eröffnet mit einem Gebäude für Abschiebehaft. JVA Offenbach schließt.
2014
- Dublin-III-Verorndung tritt in Kraft: Sie regelt, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags eines Flüchtlings zuständig ist. Demnach ist in der Regel immer der erste Mitgliedstaat zuständig, über den die EU betreten wurde und registriert wurde. Unter anderem soll so verhindert werden, dass eine Person mehrere Asylanträge in verschiedenen EU-Ländern stellt. Zudem ermöglicht die Dublin-III-Verordnung, dass eine Inhaftierung zu Überstellungszwecken bei Fluchtgefahr mögilch ist. Der Bundesgerichthof fällt darauf hin das Urteil, dass aufgrund der Novellierung von Dublin-III ab nun Inhaftierungen laut §62 des Auftenhatsgesetzes, also der Verdacht der Fluchtgefahrt, nicht mehr rechtens ist.
- Der Europische Gerichtshof (EuGH) fällt das Urteil, dass Abschiebehaft nicht mehr aus Strafanstalten stattfinden darf.
2015
- Das Asylpaket I, offiziell als „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ bekannt, tritt in Kraft und damit auch die sogannte Dublin-Haft: Asylbewerber, die gemäß der Dublin-Verordnung in einen anderen EU-Mitgliedstaat überstellt werden sollen, können bei Verdacht auf Fluchtgefahr in Abschiebehaft genommen werden. Zudem werden Abschiebungen erleichtert und Gründe für die Abschiebehaft erweitert: Personen, die über ihre Identität täuschen oder Straftaten begehen, konnten leichter in Abschiebehaft genommen werden.
- Zudem wrude § 62b AufenthG verschärft: er ermöglichte es, ausreisepflichtige Personen bis zu max. 4 Tage in Abschiebegewahrsam zu nehmen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die betroffene Person ihre Ausreisepflicht nicht freiwillig erfüllen würde und die Anordnung von Abschiebungshaft unverhältnismäßig wäre. Dies war eine Maßnahme, die nicht die strengen Voraussetzungen der Abschiebungshaft erfüllen musste. Die Regelung sieht ebenfalls vor, dass Personen, die erhebliche Geldbeträge für ihre illegale Einreise bezahlt hatten, unter bestimmten Bedingungen in Abschiebungshaft genommen werden können. Dies wird als Indiz für eine mögliche Fluchtgefahr gewertet, da davon ausgegangen wird, dass Personen, die viel Geld in ihre illegale Einreise investiert haben, auch weiterhin versuchen können, sich der Abschiebung zu entziehen, um ihre Investition zu schützen.
2016
- Unter der kontroversen Debatte über die „Kölner Silversternacht“ wird das Asylrecht mit dem „Asylpaket II“ verschärft: u.a. Verschärfung des Ausweisungsrecht und der Abschiebungsabbrüche aus medizinischen Gründen nur bei „lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen“
- FAQ „Kölner Silvesternacht“: In der Silvesternacht 2015 kam es in mehreren deutschen Städten, insbesondere in Köln, zu einer hohen Anzahl von sexuellen Übergriffen, Diebstählen und anderen Straftaten. Eine große Zahl der Tatverdächtigen wurde als Personen mit nordafrikanischem und arabischem Aussehen beschrieben, was zu einer intensiven Medienberichterstattung führte. Die Ereignisse lösten eine heftige öffentliche und politische Debatte aus. Ein wesentlicher Aspekt dieser Debatte war die rassistische Berichterstattung und die Pauschalisierung von Geflüchteten und Migranten als Täter. Viele Medien und Politiker verknüpften die Vorfälle direkt mit der hohen Zahl an Geflüchteten, die 2015 nach Deutschland gekommen waren. Diese Berichterstattung führte zu einer Stigmatisierung von Geflüchteten und Migranten und verstärkte bestehende Vorurteile und Ängste in der Bevölkerung. In der Folgezeit wurden Rufe nach einer Verschärfung der Asylgesetze und schnelleren Abschiebungen lauter. Forderungen nach härteren Strafen für straffällig gewordene Asylbewerber und einer konsequenteren Abschiebungspolitik dominierten die politische Agenda. Die Diskussion um Integration und Sicherheit wurde durch die Ereignisse der Silvesternacht maßgeblich beeinflusst, was zu einer Verschärfung der Debatte über Migration und Asylpolitik in Deutschland führte.
2014-2018
- Nach dem EuGH-Urteil schiebt Hessen über den Abschiebeknast Ingelheim (Rheinland-Pfalz) ab und entscheidet sich für den Bau des Abschiebeknasts in Darmstadt-Eberstadt.

2017
- 2017 trat das Geordnete-Rückkehr-Gesetz (auch „Hau-ab-Gesetz“) in Kraft, das mehrere Änderungen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und im Asylgesetz (AsylG) beinhaltete: Das Gesetz erleichterte die Anordnung von Abschiebungshaft und verlängerte unter bestimmten Umständen die Höchstdauer der Abschiebungshaft von sechs auf bis zu 18 Monate. Es wurde ermöglicht, ausreisepflichtige „Gefährder“ schneller abzuschieben und sie in Abschiebehaft zu nehmen, von denen eine „Gefahr für Leib und Leben Dritter“ ausegehe. Zudem wurde die mögliche Dauer für das Ausreisegewahrsam von 4 auf max. 10 Tage erweitert.
2018
- Abschiebeknast Darmstadt-Eberstadt öffnet mit 20 Plätzen.

2019
Das Gesetz zur „besseren Umsetzung der Ausreisepflicht“ wird verschärft vor allem im Bereich Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam:
- Ausländerbehörden sollen künftig die Möglichkeit haben, Ausreisepflichtige ohne richterliche Anordnung festzunehmen – etwa wenn sie annehmen, dass die Person untertauchen will.
- Ausreisepflichtige, die einen Botschafts-Termin zur Feststellung ihrer Identität nicht wahrnehmen, können für 14 Tage in Haft genommen werden („Mitwirkungshaft“).
- Ausreisepflichtige sollen künftig bis zu zehn Tage in „Ausreisegewahrsam“ genommen werden können – unabhängig davon, ob eine Fluchtgefahr besteht.
- Ausreisepflichtige sollen bis 2022 auch in normalen Gefängnissen untergebracht werden können, allerdings getrennt von Strafgefangenen.
- Sogenannte Gefährder können in Sicherungshaft genommen werden – auch wenn ihre Abschiebung nicht unmittelbar bevorsteht.
- Geduldete, deren Identität nicht geklärt ist oder denen vorgeworfen wird, bei der Beschaffung von Reisedokumenten nicht ausreichend mitzuwirken, erhalten künftig eine eingeschränkte Duldung („Duldung light“). Das bedeutet: Sie dürfen ihren Wohnort nicht frei wählen, bekommen weniger Sozialleistungen und dürfen nicht arbeiten.
2015-2019
- Trotz der vielen und weitreichenden, gesetzlichen Verschärfungen der letzten Jahre, die die Abschiebung ausreisepflichtiger Menschen erleichtern sollten, führten sie jedoch nicht zu einer Erhöhung der Zahlen.
2021
- Abschiebeknast Darmstadt-Eberstadt wird auf 80 Plätze erweitert.
2023
- Bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition kam an massiven Druck von Rechts nach und kündigte eine „Rückführungsoffensive“ an. Im Oktober 2023 befeuerte sie sogar selbst den öffentlichen Diskurs darüber, dass zu viele „Ausreisepflichtige“ nicht abgeschoben würden. So ließ sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Spiegel-Cover mit dem Satz zitieren „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“.
- Es gibt viele Gründe, warum eine Person, die formal als ausreisepflichtig gilt (z.B. nach einem abgelehnten Asylantrag), nicht abgeschoben werden kann. In diesen Fällen kann eine „Duldung“ ausgesprochen werden. Dies kann unter anderem geschehen,
-
- wenn eine Person eine Ausbildung absolviert,
- wenn eine Abschiebung aus „humanitären oder völkerrechtlichen Gründen“ nicht möglicht ist,
- wenn Reisedokumente wie ein Pass nicht vorliegen.
- Mit einigen Ländern hat Deutschland oder die EU sogenannte Rückführungs- oder Kooperationsvereinbarungen (z.B. Balkanstaaten oder Afghanistan) getroffen, damit die Bestimmung der Identität und das Ausstellen der Pässe schneller oder überhaupt von der Botschaft ausgestellt werden.
- Wer nicht bei der Beschaffug seines Passes mitwirkt, dem kann die Ausländerbehörde Leistungen kürzen.
2024
- Im Januar 2024 tritt das Rückführungsverbesserungsgesetz in Kraft, das massive Verschärfungen bei Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft mit sich bringst:
- Die Dauer des Ausreisegewahrsams wird von bisher 10 auf bis zu 28 Tage ausgeweitet. Sie kann auch ohne Verdacht auf Fluchtgefahr angeordnet werden; es reicht, wenn die Ausreisepflicht mit max. 30 Tagen überschritten ist.
- Bisher galt: Wer einen Asylantrag gestellt hat, kann solange das Verfahren läuft, nicht in Abschiebehaft genommen werden. Mögliche Gründe dafür sind u.a. nach §62 des AufenthG die Vermutung eine Person haggbe absichtlich ihre Ausweisdokumente vernichtet oder wenn sie „nicht unerhebliche“ Geltbeträge für ihre Flucht bezahlt habe.